Wer die Weltrevolution plant und paramilitärische Guerillaoperationen durchführt, sollte im Fall des Falles nicht zu spät kommen und sich auf Fortbewegungsmittel sowie Zeitmesser verlassen können. Daraus ergibt sich zwangsläufig das, was (nur) auf den ersten Blick grotesk und widersprüchlich erscheint: die Affinität der linken Elite zu Luxusprodukten, die ja vermeintlich der konservativen Gesellschaftsschicht als Statussymbole vorbehalten waren.
Genossen, Genießer und Berufsrevolutionäre: Fidel Castro und Ernesto "Che" Guevara
Während man von RAF-Frontmann Andreas "Nur die Knarre löst die Starre" Baader weiß, dass er vorzugsweise im von einem Kapitalisten expropriierten violetten Ur-Porsche 911 Targa durch die Nacht raste, ist über seine Affinität zu Uhren nichts bekannt. Man kann nur darüber mutmaßen, ob das Fehlen eines zuverlässigen Zeitmessers nicht einer der Gründe für sein frühes und tragisches Ende war. Wie auch immer. Dass ein zuverlässiger Zeitmesser für einen Berufsrevolutionär zur Grundausstattung gehört, wussten bereits Fidel Castro und Ernesto "Che" Guevara. Da die beiden südamerikanischen Berufsrevolutionäre nicht nur Genossen, sondern offenkundig auch Genießer waren, kam für sie nur eine Uhrenmarke in die engere Wahl: Rolex. Auch Marschall Josip Bros Tito griff erst nachdem er das olivgrüne Partisanenräuberzivil gegen eine weiße Fantasieuniform getauscht hatte, zur Luxusmarke schlechthin: Patek Philippe - darüber haben wir bereits berichtet.
Zigarrenlounge mit chilliger Gesprächsatmosphäre: Che rühmt die Vorzüge der zweiten Zeitzone einer Rolex GMT-Master.
Weltrevolution im Auge mit GMT-Master am Handgelenk
Also Rolex. Fidel und Che schätzten ihre Rolex vor allem als robuste "tool watch", weil sie präzise, zuverlässig, robust und in Relation zum gebotenen Gebrauchswert preiswert war, wie nur wenige andere Armbanduhren in den 1960er-Jahren. In dieser Zeit galten Uhren von Rolex zudem weit weniger als Statussymbol oder Zeichen von Luxus als heute - das vor allem deshalb, weil deren Bekanntheitsgrad mangels omnipräsenter Werbung deutlich geringer war. Dass Rolex aber auch schon damals ein Hauch von Luxus umgab, hat zumindest nicht gestört, wie wir mutmaßen. Da beide Revoluzzer berufsbedingt öfter untertauchen mussten, wäre sicherlich die Submariner eine gute Wahl gewesen. Zwangsläufig griffen sie aber zur GMT-Master - wer die Weltrevolution im Auge hat, braucht eben auch zuverlässige Informationen über verschiedene Zeitzonen. Anfangs trug Fidel die Ur-GMT ohne Kronenschutz, Referenz 6542. Später dann die Referenz 1675, wie auch sein brother-in-crime Che. Für die dritte Zeitzone nahm Fidel gerne eine goldene Rolex Day-Date mit Präsidentenarmband dazu (sic!) - eine gewagte Kombination, die nicht nur Nikita Sergejewitsch Chruschtschow und seine Politbürokumpanen in freudigstes Entzücken versetzte.
Kommunistischer Uhren-Stammtisch: Hier zeigt sich die aufhellende Wirkung schöner Uhren und sinnvoller Gespräch.
Politische Elite schmückt sich mit Rolex
Politiker unserer Breitengrade kämpfen allenfalls im Paragraphendschungel. Granatwerferfeuer und die Weltrevolution sind weit weg. Aber auch im mit aller Härte ausgetragenen verbalen Kampf gegen den politischen Gegner kann Guerillataktik zum Ziel führen. Auch wenn die gern getragene Rolex nicht mehr den Zündzeitpunkt einer Sprengfalle misst, sondern allenfalls die Zeit bis zum Businesslunch in Wiens coolstem Innenstadtlokal, bleiben Rolex Armbanduhren für die politische Elite unverzichtbar. Schauen Sie mal genau auf das Handgelenk Ihrer Volksvertreterin oder Ihres Volksvertreters hin.
Freundschaft, Genießer!
Gastbeitrag von Dr. Michael Böheim
Text entnommen und angepasst aus "Das Prinzip* Uhr" für den Blog der Chronothek.
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